Get it on…

Frei nach dem Motto „Drei Schritte vor und einen zurück“, gehe ich meinen Weg seit September letzten Jahres um eine Krankheit zu besiegen, von dessen Existenz ich bis dahin nichts wußte (hätte ich doch nur früher Dr. House verfolgt).
Wer hat schon ein „Mantelzell-Lymphom“ auf dem Schirm?

Die Gewissheit holt einen dann schneller ein als man so glaubt.
Erst ein ungutes Gefühl der Schwäche beim Sport, ein Besuch beim Hausarzt, am nächsten Tag Einweisung in die Notaufnahme wegen Blutarmut und am selben Tag noch stationäre Aufnahme in der Onkologie wegen Verdacht auf ein Lymphom.

Hey… warte mal! Ich hab doch gerade erst geheiratet und wir sind dabei ein Haus zu bauen. Ich hab jetzt keine Zeit für sowas.
Ein paar Gespräche mit Ärzten später, wird einem allmählich klar, dass das jetzt nicht mehr im Vordergrund stehen wird. Auf einmal geht es nicht mehr darum, wie ich mein Leben gestalte, sondern eher darum überhaupt zu leben.

Fassungslosigkeit, Apathie, Wut, Traurigkeit, Resignation und Hoffnung reichen sich einander die Hände und führen einen Tanz auf. Irgendwann weiß man nicht mehr so recht wo man genau steht, was man denken soll. Tipps prasseln auf einen ein und geben neuen Mut. Stunden, Tage später kommt eine erneute schlechte Nachricht. Alles wieder von Vorne.

Langsam Zeigt sich der Weg den man zu gehen hat. Wie beim Wandern sieht man aber immer nur bis zur nächsten Abzweigung. Den ganzen Weg kennen nur wenige und die behalten genaueres für sich, sagen einem nur wo es ungefähr hin geht.

„Rush and wait!“ wird langsam zum Alltag.
Erst ist schnelles Handeln nötig, alle Hebel werden in Bewegung gesetzt und dann… Warten. Nach einem atemberaubenden Spurt bei dem einem fast schwindelig wird, kommt eine unglaublich lange Zeit des Auslaufen. In dieser Zeit wartet man darauf, ob man in die richtige Richtung gelaufen ist oder man eventuell nochmal ein Stück zurück gehen muss.

In meinem Fall hat es drei Anläufe gebraucht um das richtige Mittel zu finden.
Versuch eins scheiterte relativ schnell und zeigt wie es auf keinen Fall funktionieren wird.
Versuch zwei hat mich schon sehr nahe an das Ziel heran gebracht. Die Ärzte und ich wollten schon zum nächsten Schritt gehen. Vorbereitungen wurden schon getroffen. Alle Untersuchungen wurden durchgeführt. Nur leider ist nahe, nicht nahe genug!
Die nötige Unterstützung durch ein zusätzliches Medikament um diesen Therapieversuch doch noch zu einem Erfolg werden zu lassen, wurde mir aber leider aus Bürokratischen gründen, welche man nicht unbedingt verstehen muss, seitens der Krankenkasse verwehrt. Ein herber Schlag in die Magengrube.

Also auf zu Versuch drei. Wobei sich das leichter sagt als es wirklich ist. Nach diesen Versuchen glaubt man nicht so wirklich an einen entscheidenden Schritt nach Vorne.
Wobei meine Ärzte hier einen guten Job machen. Erst wirkt es nicht wirklich vertrauenerweckend oder ermutigend, wenn man nur mit sehr großer Vorsicht von den Erfolgschancen spricht. Letztendlich ist es aber essentiell hier realistisch zu bleiben. Eine zu hohe Erwartungshaltung hinsichtlich des Erfolgs einer Therapie kann einem hier arge Schwierigkeiten bereiten und einen in ein tiefes Loch fallen lassen.
„Na dann probieren wir halt das auch noch aus“ – beschreibt am besten die Motivation mit der ich an diesen Schritt herangegangen bin.

Drei Monate später stand der nächste Termin zur Kontrolle des Therapie Fortschritts an. Nach der Knochenmarkpunktion hatte ich tatsächlich schon Versuch Nummer Vier vor Augen. Wieso sollte es dieses mal besser gelaufen sein?
Eine Woche später ruft mich mein betreuender Arzt an: „Herr Elsing… die Probe der letzten Laborkontrolle zeigte keinen Hinweis mehr auf etwaige Lymphomzellen! Ich habe mir die Ergebnisse extra noch einmal zeigen lassen. Wir haben es tatsächlich geschafft!“ – Ich war sprachlos. – „Herr Elsing? Alles in Ordnung bei Ihnen?“ – Aber so was von!
Auch der abschließende Test per PET CT bestätigte das Ergebnis. Das Lymphom ist unter Kontrolle. Weg ist es natürlich nicht wirklich. Aber es ist derart geschwächt, dass es mir bei meinem Nächsten großen Schritt nicht in die Quere kommen sollte.

Was ist der nächste Schritt? Ziel der drei Therapien war es das Lymphom unter Kontrolle zu bekommen, um eine Knochenmarktransplantation durchzuführen.
Hierzu wurde lange im Vorfeld nach einem passenden Spender gesucht. Nach einiger Wartezeit hat man diesen auch gefunden! Mein Verständnis bezüglich der Suche nach etwas, innerhalb einer Datenbank war natürlich vollkommen fehl am Platz.
Es war wohl doch etwas komplizierter, als die Suchparameter zu definieren und die Abfrage der Daten zu starten. Wer hätte es gedacht!?
Es ist schwer in Worte zu fassen, was es mir bedeutet, dass Jemand gefunden wurde, der Bereit ist auf diese Weise zu helfen. Unendliche Dankbarkeit trifft noch am ehesten.

Hier stehe ich also. Wenige Tage noch und es geht los. Am Montag den 24.06. werde ich mein Quartier, welches für die nächsten 6-8 Wochen mein Zuhause sein wird, beziehen.
Im weiteren Verlauf folgen an drei Tagen, zwei mal täglich, Ganzkörperbestrahlungen.
Gefolgt von einer kleinen Verschnaufpause geht es dann mit einer Hochdosis Chemotherapie weiter.
Nachdem dann mein gesamtes Immunsystem lahmgelegt wurde, bekomme ich ein Neues in Form der Stammzellenspende aus dem Knochenmark meines Spenders.
Ab diesem Zeitpunkt heißt es dann in den folgenden Wochen, warten und sehen was passiert.

Ich werde mich bemühen, so oft es mir möglich ist, einen kleinen Status zu verfassen und hier zu veröffentlichen. Gerne könnt Ihr eure Gedanken und Fragen in Form eines Kommentars hinterlassen.

Get it on!

3 Gedanken zu „Get it on…

  1. Hallo Patrick,
    mit großem Interesse habe ich deine Beiträge verfolgt, fast täglich an dich gedacht. Das ist mein Ernst!
    Ich freue mich mit dir, Kathi und…über deine Fortschritte in so kurzer Zeit. Besser konnte es ja bisher kaum laufen, denke ich. Super! Weiter so! Hoffe auch weiterhin von dir zu hören.
    Herzliche Grüße, auch an Kathi deine T. Irmgard aus WAF!
    PS. Ich hatte dir von meinem Handy aus geschrieben, bevor du aus Bad Abbach entlassen wurdest. Da ist wohl was fehlgelaufen!!

  2. Hallo Patrick 😉
    Ich habe mir heute dann doch mal die Zeit genommen und einige deiner Beiträge studiert. Erstmal bin ich überrascht, welch‘ literarische Fähigkeiten in dir schlummern… wirklich toll geschrieben, reflektierend und stellenweise philosophisch.
    Ich ziehe den Hut vor dir! Wie du mit der verheerenden Diagnose vom letzten Jahr umgegangen bist, wie du dich diesem Schicksalsschlag stellst/gestellt hast und wie du dich nicht ermutigen lässt, positiv nach vorne zu blicken.
    Ich bin mir nicht sicher, ob ich selbst in einer ähnlichen Situation so viel Kraft und Mut aufbringen könnte, wie es beim Lesen deiner Zeilen durchklingt.
    MEIN GANZ GROSSER RESPEKT!! Und selbstverständlich toi-toi-toi für die nächsten Schritte.
    – dein Cousin Rafael –

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