Go back and repeat
Es war Freitag! Tag der Abreise nach Hause.
Es blieb bei dem Plan. Trotz eines kleinen Ausschlags, welcher auch schon vor der Transplantation zu sehen war und sich als Sonnenallergie herausstellte, durfte ich heute endlich das Krankenhaus verlassen.
Wie so oft wird man gerade an solchen Tagen in Sachen Geduld auf eine harte Probe gestellt.
Im Prinzip hat man es ja nicht wirklich eilig. Wenn man dann aber schon auf gepackten Koffern sitzt wird jede zusätzliche halbe Stunde zur Qual.
Obwohl an diesem Tag die alles Entscheidende Blutprobe extra früh genommen wurde, dauerte es einige Stunden, bis der Arzt sein OK gab und der ZVK endlich gezogen werden konnte.
So nützlich dieser Zugang auch ist, so lästig fällt er einem auch. Es hängen halt doch permanent vier Strippen aus dem Hals, auf dessen Umverpackung man bei jedem Duschgang penibel aufpassen muss.
Ein wenig Bammel hatte ich vor dem Herausziehen auf jeden Fall. Bei dem Gedanken daran, wie aufwendig es war diesen Zugang zu legen, konnte ich mir nicht vorstellen, dass die Entfernung viel weniger aufwendig sein könnte. Doch die Schwester sollte recht behalten. „Das is gleich geschehen. Davon werden sie nicht wirklich etwas mitbekommen.“ – „Ach ich werde betäubt?“ – „Ah wo für denn?“ – Okay ich mein ja bloß…
Tatsächlich war es bloß ein Klacks. Das „Schlimmste“ daran war tatsächlich das entfernen des Pflaster. Sehr schön. Während ich noch 30 Minuten auf dem Bett saß und die Stelle an meinem Hals zudrücken musste, kam auch der Arzt vorbei um mir alle Unterlagen für die Entlassung inkl. aller Rezepte für die Medizin zu geben. Es ist schon ein wenig erschreckend, wenn man vier Rezepte erhält mit ca. 11 Präparaten und einem Blutdruckapparat bekommt.
Natürlich wurde mich noch einmal alles Haar klein erklärt und noch mal darauf hingewiesen, dass sobald ich etwas bemerke, das sich nicht richtig anfühlt ich mich sofort melden soll.
Auf die Frage, wann ich dann abreisen würde, konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen… „Vor zwei Stunden.“ – „Oh, dass tut mir sehr leid, aber ich wurde leider aufgehalten.“ – Was soll ich sagen, ich bin es gewohnt lange zu warten. Vor allem, wenn es um Krankenhäuser geht.
Für eine Abreise bei angenehmeren Temperaturen war es bereits zu spät und ich war auch schon wieder relativ geschafft durch die steigenden Temperaturen, das Packen und den Stress den man sich solchen Tagen so macht. Ich wollte einfach nur noch weg und meine Ruhe haben.
Kurz noch ein Carepaket bei den Stationsschwestern mit der Medizin für die nächsten drei Tage abgeholt und mit Sack und Pack ab durch die Mitte.
Als Kathi und ich beim Auto ankamen war auch schon der erste Schweißausbruch geschafft.
Unser Plan war es, vor dem Freitagsverkehr in ruhe nach Hause zu kommen. Leider landeten wir in der Freitags Rushhour und quälten uns durch den Verkehr bei nicht gerade angenehmen Temperaturen. Zu schaffen machte mir dann auch noch die Tatsache, dass ich mich die meiste Zeit vor der Sonne „verstecken“ musste.
So saß ich also mit der dicken Mundschutzmaske in diesem, trotz Klimaanlage, warmen Kasten und bedeckte die sonnenbeschienenen Körperteile mit einer Jacke. Irgendwie hatte ich mir die Rückreise nach fast sechs Wochen anders vorgestellt. Nach einer irgendwie nicht enden wollenden Fahrt kamen wir dann doch endlich zuhause an. Ich ließ im Prinzip alles stehen und fallen und viel quasi auf die Couch.
Es war natürlich sehr schön, endlich daheim zu sein. So wirklich happy wollte ich aber auch nicht werden. Na jetzt erhole ich mich erst einmal und dann wird das schon, dachte ich mir. Die Pizza zum Abendbrot, welche ich mir eingebildet habe, solle leider auch nicht so wirklich schmecken. Schwamm drüber, bald Bett. Morgen ist ein neuer Tag.
Irgendwie machte sich bei mir ein ungutes Gefühl breit. Am Tag der Heimkehr war mir schon recht warm. Ich erklärte mir das mit den hohen Außentemperaturen und der langen fahrt.
Einen Tag später war ich zwar schon ausgeruhter, aber weit entfernt von gut beinander. Ein Blick auf mein Thermometer verriet mir 37.4 °C. Hmmm und beim Blick in den Spiegel musste ich leider auch feststellen, dass mein Hals und mein Kopf doch verdächtig rot sind und mit einer Art Ausschlag sich breit machte. Das was vorher nur an meinen Armen war, bahnte sich langsam seinen Weg nach oben. Gut es sah noch immer aus, wie die Sonnenallergie der Arme. Das wird sich schon wieder legen.
Die Temperaturen taten es leider nicht. Es war ein ständiges Hoch und Runter von 37.4 zu 37.9 °C.
Laut meinen Anweisungen vom Arzt war aber alles noch im Rahmen. Solange der Grenzwert von 38 nicht erreicht ist, soll ich mir keine Sorgen machen. Natürlich tat ich es trotzdem und rief dann am Ende des Tages doch mal im Krankenhaus an. Dort gibt es extra ein Nummer, bei der Rat suchende Patienten der KMT anrufen können. Auch dort hieß es. „Bevor Sie nicht 2-3 Stunden über 38 Temperatur haben, ist alles noch im Lot.“
Was soll ich sagen. Es fühlt sich trotzdem einfach danach an, krank zu sein. Alles was man sich so vornimmt ist mehr oder weniger nicht machbar oder man hat keine Lust. Einfach Mist!
Zu diesem unguten Gefühl kommt dann noch eine andere Erkenntnis.
Es ist zwar schön nicht mehr im Krankenhaus zu sein, aber jetzt beginnt tatsächlich eine Zeit mit vielen Entbehrungen und noch viel mehr Unsicherheit.
Natürlich wird einem das alles ganz genau erklärt und man hat Seitenweise Infomaterial mit all den Dingen, was man tun darf und was nicht. Einmal angekommen, realisiert man aber erst wie erdrücken das alles in Wirklichkeit ist. Im Grunde genommen darf man nicht viel und bei dem was bleibt, fragt man sich die ganze Zeit ob man das nun so wirklich machen kann oder nicht.
Hab ich jetzt wieder irgendwas vergessen, darf ich das jetzt so in der Form essen oder nicht, was ist wenn und überhaupt???
Die große Freiheit von der viele sprechen, wird von Stunde zu Stunde kleiner und kleiner. Am Ende bleibt ein wenig Frust und die erneute Erkenntnis, dass es noch ein langer Weg ist, bis das alles funktioniert und eingespielt ist.
Selbst so etwas wie Spazierengehen will jetzt gut durchdacht sein. Nachdem ich ja die Sonne meiden soll, hab ich mir schon angewöhnt nach Sonnenuntergang nach draußen zu gehen.
In Anbetracht der neuesten Eskapaden meiner Haut hat sich meine Angst vor einem Sonnenbrand natürlich nicht gerade gebessert. Mit Sonnenhut, schwarzen Longsleeve, langer Hose und eingecremt mit Sonnenschutz Faktor 30 ist es bei den derzeitigen Temperaturen eher kein so großes Vergnügen sich unter freien Himmel zu bewegen. Dann noch doch lieber lichtscheu wie ein Vampir bei einem lauen Lüftchen später Abends eine Runde drehen. Auch das wird sich irgendwann bessern. Im Moment fühle ich mich so allerdings wohler.
Erneut quälte ich mich durch eine Nacht mit erhöter Temperatur und einem Ausschlag, der die Oberflächentemperatur von über 37 °C nicht nur spüren ließ sondern auch unverhohlen zeigte.
Der Vergleich zu einer Mischung von Deadpool und Hellboy in Bezug auf mein Gesicht war mittlerweile nicht mehr zu leugnen. Ein Blick in den Spiegel sprach Bände über die letzte Nacht.
So wurde ich langsam aber sicher nervöser. Erst dachte ich, es würde sich legen, der Verlauf des Tages sollte zeigen, dass manche Dinge unausweichlich sind.
Sonntag Nachmittag. Ich hatte gerade Besuch von Timo zum Café. Ich hatte vor dem Besuch schon eine Temperatur von 38°C und das sollte sich leider im Verlauf des Besuchs nicht mehr bessern.
Nach drei Stunden dann 38.3°C. Oh fuck! Ein kurzer Blick zu Timo – „Na ruf schon schon an!“
Am Telefon der Station 21 eine Vertraute Stimme „Ah Herr Elsing, was kann ich für Sie tun? … Ah okay verstehe. Alles klar ich gebe dem Hintergrundarzt Bescheid, der ruft Sie gleich zurück.“
10 Minuten später meldet sich der zustände Arzt. – „Bei dem was sie gerade Beschreiben, wäre es besser sie kommen sofort zu uns ins Krankenhaus. Das müssen wir hier weiter über Nacht beobachten. Ich melde Sie schon mal in der Notaufnahme an.“ – Na ganz toll! Kaum zwei Tag daheim und schon geht es wieder Retour! Ich hatte es schon befürchtet. Dumm nur wenn sich so etwas dann auch noch bewahrheitet.
Tja, zum Glück war Timo gerade da und mußte eh in die Richtung. Also nix wie los und eine Notfalltasche mit allem Wichtigen für die Nacht zusammenpacken… am besten gleich etwas für mehrere Tage. Man weiß ja wie das ist.
Kurz noch von der Geliebten verabschiedet und los geht die Fahrt ins Ungewisse und trotzdem Bekannte.
Leider habe ich schon meine Erfahrungen mit der Notaufnahme gemacht und stelle mich innerlich schon auf eine lange Wartezeit auf einer unglaublich unbequemen Liege in der Notaufnahme ein.
Zum Glück war ich schon angemeldet, denn für Sonntag üblich war natürlich das Aufkommen von Notfällen entsprechend. Nach gerade mal 20 Minuten Wartezeit, konnte ich dann meinen Fahrer dankbarst verabschieden und das übliche Prozedere nahm seinen Lauf.
Als erstes werden immer Blutproben genommen. Nicht nur eine, da man bei Fieber immer erst eine Infektion ausschließen muß. Das heißt es wird von drei verschiedenen Stelle Blut abgenommen um sicher zu gehen, dass zum Beispiel mein fester Infusions Port keine Keimquelle ist.
Das alles geht relativ schnell. Wobei die Schwester, aus welchen Gründen auch immer, drei Versuche gebraucht hat, einen Zugang zu legen. Was bei mir sehr ungewöhnlich ist, denn eines läuft bei mir immer gut. Blut!
Tja und dann beginnt der „spannende“ Teil. Warten. Es sind fast immer zwischen drei und fünf Stunden, bis es dann wirklich konkret wird. Tja und da fällte einem auf einmal auf. „Verdammt ich habe das letzte mal heute Nachmittag etwas gegessen.“
Zu meiner positiven Überraschung hatte ich eine Ärztin erwischt, welche sich mit meinem Krankheitsbild sehr gut auskannte. Sie war quasi vom Fach und das ist in der Notaufnahme wirklich eine Ausnahme. Sprich die Dame wusste sehr schnell worum es sich handelt. Nicht das jetzt jemand meint die Erleuchtung kam nach einer Stunde. Die Wartezeit von vier Stunden war bereits erreicht, zwischenzeitlich war ich auch noch mal Röntgen und es war ca. 22 Uhr.
Egal, das Ergebnis war, dass ich es mit einer GvH der Haut zu tun hatte. Einfach gesagt, ist nun der Fall eingetreten, der in irgendeiner Form fast immer auftritt. Das neue Immunsystem findet etwas in seinem neuen Zuhause, dass Ihm nicht gefällt und reist mal eben, frei nach dem Motto „Schöner Wohnen“ ein paar Wände ein. Dummer Weise handelte es sich hierbei um Teile meiner Haut. Arme, Hals und vor allem Gesicht waren jetzt also das Ziel einer Attacke meiner neuen Immunabwehr.
Es ist ja schön, wenn es sich so schnell entwickelt, aber jetzt wird medizinisch erst mal die Notbremse gezogen. Damit das System nicht zu schnell aufbegehrt, muss es jetzt zu der eh schon angelegten Bremse noch ein paar Bremsklötze verpasst bekommen.
Die Wahl fällt hier auf eine recht hoch dosierte Cortison Dosis.
Ich dachte, dieser Kelch würde an mir vorbeiziehen. Leider stelle auch ich hier keine Ausnahme dar. Wäre ja auch zu schön gewesen.
Damit das ganze auch schön kontrolliert von statten geht, bekomme ich meine erste Dosis, plus eine gute Portion Antibiotika, gleich verabreicht und werde in der Notaufnahme in ein Zimmer zur Übernachtung verfrachtet. Das Beste, nach dem ich endlich Gewissheit hatte was los ist und was getan werden muss, war die Tatsache, dass ich endlich etwas zu Essen bekam. Es war ja auch erst halb zwölf. Das bisschen Hunger…
Es fühlte sich gut an. Der Hunger verschwand und vor allem das Fieber sank auch relativ schnell wieder. So hatte ich endlich wieder etwas schlaf bekommen. Schlaf in der Gewissheit, dass jetzt erst einmal wieder alles unter Kontrolle ist und ich wieder einmal in guten Händen bin. Na gute Nacht!
Am nächsten Morgen hatte ich auch schon viel Besuch. Erst ein alter bekannter Oberarzt. Dieser Herr hatte mir damals die Erstdiagnose gestellt, wir kannten uns also schon recht gut. Ich erzählte Ihm gleich, dass ich noch einen Termin für heute, es war Montag, in der KMT Ambulanz hätte und man das doch mit Sicherheit gleich verbinden könne. „Ah das ist gut. Da wird dann auch gleich alles weitere in die Wege geleitet.“
Was mich auch gleich zum nächsten Besucher bringt. Der Leiter der KMT Ambulanz kam dann auch relativ zeitnah zu mir und meinte nur – „Ah ich sehe schon. Die Hautreaktion ist eindeutig. Sie Frühstücken jetzt in Ruhe und dann kommen Sie zu mir nach oben und wir regeln den Rest.“
Klingt nach einem sehr guten Plan!
Gefrühstückt und voller Tatendrang zur Ambulanz. Naja… zumindest bin ich angekommen, habe noch einen kurzen Check des Blutdruck, Gewichts und der jetzt endlich normalen Temperatur von unter 37 °C mitgemacht und dann… Ja genau. Warten. Zwischen drei und fünf Stunden kann das in der Ambulanz schon mal dauern. Es ist erstaunlich, dass dann doch noch etwas passiert, bevor man im Wartesessel einnickt.
Das eigentliche Gespräch ist dann eher kurz. Das liegt auch daran, dass die Maschinerie im Hintergrund schon eine ganze Menge in die Wege geleitet hat. Ich kam eigentlich nur noch um mir die letztendliche Bestätigung zu bekommen, dass es sich um die vermeintliche Überreaktion des Immunsystem handelt und das man jetzt mit einer Cortison Therapie beginnt um diese dann langsam wieder ausklingen zu lassen. Cortison auf Dauer ist ja leider auch nicht so gesund.
Das wird einem vor allem dann deutlich, wenn man nach der Arztgespräch auch gleich noch zur Brückenpflege gerufen wird. Hier bekam ich dann erst einmal eine Einführung in die Welt des Blutzucker Messens. Cortison hat leider die Eigenschaft, dass es in der Dosierung schon mal den Blutzucker in schwindelerregende Höhen befördern kann. Vorsorglich bekommt man also ein Set mit dem man sich dann täglich vier mal den Blutzucker misst und evtl. mit Insulin nachhelfen muss.
Sehr prickelnde Aussichten dachte ich mir. Aber es hilft ja alles nix. Und ob ich jetzt einfach nur hinsetze und eh schon den Blutdruck selber kontrollieren muss, da macht der Blutzucker Test jetzt das Kraut auch nicht mehr fett. Mein Gerätepark Zuhause wächst auf jeden Fall kontinuierlich.
Das gute ist, ich darf wieder nach Hause. Eingestellt mit den richtigen Medikamenten und etwas Zeit und und Glück, sollte sich das Problem langsam aber sicher lösen lassen.
Mit dieser Gewissheit konnte ich soweit ganz gut leben.
Jetzt ist also wieder Geduld gefragt um diese weitere Baustelle auch noch zu meistern.
Letzten Endes waren meine ersten Tage in Freiheit also eher Tortour als Vergnügen und Entspannung.
Also nun auf ein Neues…
Ich halte euch auf dem Laufenden.
So long… Patrick

Unwiederstehlich!
Hi auch,
bleib am Ball und lass Dich bitte nicht entmutigen. Wir bewundern Deinen Mut und Deine Willensstärke. Sind ständig bei Dir Patrick, ständig!
Dicken, dicken Drücker
Hallo Patrick,
deine Berichte bleiben spannend und sind sehr anschaulich. Wie du die vielen Ups and Downs wegsteckst ist bewundernswert. Chapeau!!!
Wir drücken weiter die Daumen, zünden weiter Kerzen an und erhoffen weiter das Beste für dich.
Du bist auf einem guten Weg. Lass dich nicht entmutigen!
Martin
Wo schreib ich meinen Kommentar?
Ahh hier. Not so nice but thumbs up.
Dicken drücker von uns drei…