Immer Vorwärts
Manchmal ist sehr schön, wenn mal nichts passiert. Mag sein, dass der ein oder andere das langweilig findet. Ich in meinem Fall genieße es gerade sehr.
Der Tag in Bad Abbach besteht im Prinzip nur aus Blutkontrolle, Visite, Frühstück, Zimmerreinigung, Duschen, etwas Radeln, Mittagessen, Schläfchen, noch eine Zimmerreinigung, Spaziergang mit oder ohne Besuch im Park, Abendessen, Verabschiedung der Nachtschwester mit einer Thrombose Spritze und Schlafen.
Vormittags ist es tatsächlich so, dass das Programm der täglichen Routine auch den gesamten Vormittag verbraucht. So wirklich viel Zeit um Ausruhen hat man da gar nicht.
Nachmittags kommt dann ab und zu jemand zu Besuch und erzählt mir was von draußen. Alles sehr entspannt.
Jegliche gesundheitliche Komplikationen, zu dessen Beobachtung ich unter anderem auch hier bin, lassen sich nicht blicken. Dem Transplantat scheint es also gut zu gehen.
Nachdem ich jetzt sämtliche Infusionen los bin, ist der schwierigste Teil am Tag tatsächlich die Einnahme der insgesamt 15 Tabletten (natürlich über den Tag verteilt). Da sind schon ein paar Klöpper dabei. Da muss man quasi schon Anlauf nehmen, die in einem Satz herunter zu bekommen.
Dann gibt es da noch ein Pülverchen mit indischen Flohsamenschalen zur Förderung der Verdauung. Einmal ins Wasser eingerührt ergibt es einen eigenartigen Mix aus Fest- und Flüssigstoffen. Zu lange gewartet hat man dann nur noch kleisterartigen Schleim den man löffeln kann. Also schnell rühren und versuchen das Gebräu schleunigst zu trinken. Es ist weder lecker noch ist die Haptik sehr anregend. Man gewöhnt sich ja angeblich an alles. Das wird mir dabei auch noch gelingen. Klingt ein wenig wie ein Luxusproblem, ja ich weiß, aber irgendwas is ja immer.
Die Spaziergänge werden immer länger und auch beim Radeln kommen in kleinen Schritten mehr Kilometer zusammen. Gut danach brauche ich tatsächlich immer so 45 min bis ich mich davon erhole. Von nix kommt nix.
Bei den Besuchen ist vor allem die entspanntere Atmosphäre zu spüren. Bis auf einen Mundschutz ist tatsächlich nichts mehr, was den Gast umhüllt. Ein fast normaler Besuch. So lässte es sich auch viel leichter Quatschen und man hat nicht immer das Gefühl in einem Krankenhaus zu sein.
Ein neuer Luxus ist, dass ich endlich mal durchschlafen kann. Ich schlafe echt wie ein Stein. Das ist mir wirklich abgegangen.
Trotz all der Lockerheit, wird hier natürlich täglich vom Arzt nach dem Rechten gesehen.
So auch am letzten Sonntag. Man sollte meinen, ein Professor hat an einem Sonntag etwas besseres zu tun, als in Bad Abbach nach seinen Patienten zu sehen. Weit gefehlt. Überraschender Weise stand Sonntag tatsächlich mein Behandelnder Prof im Zimmer und fragte ob alles in Ordnung ist.
„Ja Herr Elsing, also wenn Ihnen sonst nichts mehr auffällt, sehe ich keinen Grund, warum sie noch lange hier bleiben sollten. Ich spreche nochmal mit Ihrem behandelnden Arzt wegen der Knochmarkpunktion, aber ich denke Mitte bis Ende der Woche können wir Sie nach Hause entlassen.“ – „Echt jetzt?“ – „Ich sage ja, wenn Ihnen nichts mehr einfällt, warum sie noch länger hier bleiben sollten!?“ – „Ich werde mich hüten.“
Was sagt man jetzt dazu? Gut, ich wusste, dass der Aufenthalt hier meist ein bis zwei Wochen dauert, gerechnet habe ich allerdings mit zwei. – Ich bin einfach nur dankbar und glücklich!
Man muss allerdings wissen, dass dieser Zeitplan an anderer Stelle etwas mehr Druck generiert.
Natürlich kann ich jetzt nach Hause, so einfach geht das aber nicht!
Allein für diesen Fall gibt es eine extra Broschüre, in der genau festgehalten ist, wie das Zuhause vorbereitet werden sollte. Es fängt damit an, dass sämtliche Topfpflanzen verschwinden müssen (zum Glück haben wir einen Raum dafür übrig) und hört mit einer quasi Grundreinigung des Hauses auf! Da ist sehr viel Aufwand nötig, damit dann auch alles Bereit ist. Die Liste ist relativ lang. Auch in der nachfolgenden Zeit muss so einiges eingehalten werden und es gibt tatsächlich einen quasi verordneten Wasch- und Reinigungsplan. Bei Manchem darf ich selber Hand anlegen, das Meiste bleibt aber an anderen hängen. Wer mich kennt, weiß wie ungern ich nutzlos herumsitze und andere müssen für mich arbeiten.
Zum Thema Vorbereitung und Ernährung hatten wir heute auch noch ein „Entlassgespräch“ mit der Brückenschwester, welche mich auch weiterhin mit Rat und Tag, selbst nach der Entlassung, unterstützen wird. Ich finde das wirklich erwähnenswert, dass es so etwas gibt.
Ich kenne das von anderen Entlassungen aus dem Krankenhaus. Meist geht man da ja dann mit ein paar guten Ratschlägen und einem Rezept nach Hause und das war es dann.
Dieses Verfahren gibt einem sehr viel Sicherheit mit auf den Weg. Man fühlt sich sehr gut aufgehoben und umsorgt. In Anbetracht der Umstände ist das meines Erachtens nach eine wirklich sinnvolle Einrichtung die Ihresgleichen sucht!
Bis Freitag sind es nur noch ein paar Tage und ich merke wie ich langsam nervös werde.
Nicht dass ich Angst davor hätte nach Hause zu gehen. Es ist eher die Angst, dass doch noch irgendwas dazwischen kommt. Jede Rötung der Haut wird mit Argwohn betrachtet, jedes noch so kleine Ziepen hinterfragt. Die Blutwerte werden jeden Tag genau geprüft und verglichen.
Warum sollte gerade jetzt noch irgendetwas passieren? – Weil das Leben manchmal so ist!
Meine Psychoonkologin hatte noch einen hilfreichen Tipp für mich parat. – „Sie verlassen jetzt einen sicheren Kokon. Das macht vielen zu schaffen. Machen Sie sich aber keine Sorgen. Erstens würde man sie nicht gehen lassen, wenn man nicht der Meinung wäre, dass Sie das nicht schaffen könnten. Zweitens, wir haben ja noch immer ein Auge auf Sie. Nehmen Sie wieder am Leben Teil.“
Das werde ich tun!
So long… Patrick

Beim Frühsport auf dem Rad. Natürlich mit Musik und lästiger Maske. 
Nachtisch beim Frühstück 
Indischer Flohsamen Saft… lecker!
Hallo Patrick.
Uns freut es sehr zu hören und zu lesen, dass Du zu Hause bist!!Wir wünschen Dir weiterhin viel Kraft!
Lieben Gruss
Agathe, Robert,Markus, Annika und Jule(unbekannter Weise).
Na dann wünsche ich erst mal guten Umzug in heimische Gefilde!
Wenn Nico schon von der nächsten Radtour träumt, freu ich mich schon mal auf den nächsten Kaffeeklatsch. Lass‘ mich wissen welche ernährungstechnischen Einschränkungen es in Bezug auf Backwaren gibt 🙂
LG
Hey Patty,
sehr schön von Deinen Fortschritten und Deiner bevorstehenden Heimkehr zu lesen.
Würde gern mal persönlich mit einen gemeinsamen Flohsamensaft auf die „Milkfans“ anstoßen und putzen kann ich auch wie Weltmeister!
Falls es bei Dir passt, kannst Du Dich gern mal melden… +177%7394730%
LG
Der Heinrich 😉
Hi auch,
richtig schön alles, hab irgendwie keine passenden Worte, freuen uns wie Bolle!!!
Fetten Drücker
Na dann – freu mich auf unsere nächste Radtour 😉