Pause

Es ist kaum zu glauben. „Pause“!
Keine Bestrahlung, nur ganz normaler Klinikalttag.
Nun ganz komme ich ohne meinen Infusionsschlauch natürlich auch an einem Tag wie diesem nicht aus.
Eigentlich sollte man meinen, dass einen so ein Schlauch eher behindert. Eigentlich aber nicht.
Nachdem ich das Zimmer eh nicht verlassen kann/darf und dieser Schlauch so lang und dehnbar ist, könnte ich wahrscheinlich einmal mit dem Ding an mir dran um den Raum laufen.
In Konsequenz heißt das, wenn ich auf die Toilette gehe, geht der Schlauch mit. Mit der Zeit hat man so seine Taktik und Aufhängepunkte, damit sich das Teil nicht andauernd verheddert oder, Gott bewahre, auf den Boden kommt.
Einer der wichtigsten Regeln hier ist zum Beispiel: „Wenn etwas auf den Boden gefallen ist, darf man es nicht selber wieder aufheben“. Man muß also eine Pflegekraft rufen, die mit Sicherheit etwas besseres zu tu hat, um diesen dann zu bitten den Gegenstand aufzuheben und entweder zu desinfizieren oder gar zu beseitigen.
Es ist unglaublich wie oft jemand etwas einfach auf den Boden fällt. Zumindest fällt es einem dann erst so wirklich auf.

Der „normale“ Klinikalltag läuft in etwas so ab:

6 Uhr – die erste Schwester hängt eine neue Wässerung (NaCl) und Glucose an. Davon bekomme ich nicht so wirklich etwas mit.
7 Uhr – allgemeine Kontrolle der Vitalwerte: Blutdruck, Blutabnahme, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, Gewicht, Temperatur und eine Abfrage nach evtl. Beschwerden oder Anzeichen. Natürlich gibt es dann auch noch eine gut gefüllte Schachtel mit Tabletten.
8 Uhr – Frühstück (Heute endlich mal in aller nur erdenklichen Ruhe ohne vorher irgendwo hin zu müssen)
Beim Frühstück hat man dann auch gleich die Möglichkeit die Essensbestellung für den nächsten Tag zu machen. Normalerweise (auf anderen Stationen) macht man das eine Woche im Voraus.
Da hier aber je nach Therapieschritt die Bedürfnisse sehr stark variieren können, macht es schlichtweg keinen Sinn das soweit im Voraus zu machen.
Ich z.B. habe am Anfang einen Therapieplan bekommen, auf welchem genau steht wann was genau ansteht und wie die Medikamentöse Vorbereitung dazu aussieht. Bestimmte Mittel hemmen die Appetit allerdings derart, dass man sich an solchen Tagen eher sehr leichte Kost bestellt. Und wenn man Pech hat, bleibt auch das stehen.
9 Uhr – also ca. kommt dann die Visite. Je nachdem kommt die Behandelnde Ärztin, dessen Assistentin oder gleich der gesamte Tross angeführt vom Professor. Verbände werden gewechselt, Herzschlag und Lunge werden abgehört und die Organe werden abgetastet ob sich irgendwas schmerzlich anfühlt.
Nun kommt ein Bereich, der sehr davon abhängig ist wie die einzelnen vorherigen Schritte eingetroffen sind und wie lange sie gedauert haben.
Körperpflege ist, wie bei jedem anderen Gesunden auch, sehr wichtig. Hier gibt es einen festen Plan, wann was gemacht werden muss. Denn eines ist hier auf gar keinen Fall möglich. DUSCHEN! Durch einen baulichen Fehler sind die Siphons hier nicht geeignet. Für gesunde Menschen kein Problem. Ist das Immunsystem allerdings am Boden, können durch eine offenes Siphon sämtliche Keime durch den entstehenden Wasserdampf und das Spritzwasser in die Luft gelangen und so mit teils verehrende Infektionen hervorrufen.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass man auf Waschlappen und besonderer Waschlotion angewiesen ist. Einmal am Tag ist eine komplette Körperwäsche vorgesehen und man kann sich evtl. vorstellen wie viel Zeit dabei drauf geht. Nicht nur das man dann frisch gewaschen und poliert ist, man muss sich dann natürlich auch noch mit reichlich Lotion einbalsamieren.
Diesen Vorgang hat man dann, natürlich in deutlich abgeschwächter Form dann nochmal Abends und je nach Bedarf unter Tage auch. Der Berg Wäsche, welcher nach jedem Waschgang Anfällt, lässt sich wahrscheinlich erahnen. Zwei mal das Selbe zu benutzen ist schlichtweg nicht erlaubt. Langweilig wird einem also so gesehen nie so wirklich.

Äääähm jetzt bin ich abgeschweift

12 Uhr – Mittagessen. Im Anschluss kommt dann meist noch die Physiotherapeutin vorbei und sieht nach dem Rechten. Nachdem ich mir aber recht gut selber zu helfen weiß gebe ich ihr meist nur einen Status durch, was ich schon alles gemacht habe.
15 Uhr – Die nächste Standardkontrolle steht an. Blutdruck, Herzfrequenz, …
18 Uhr – Ja ist denn schon wieder Essenszeit.
20 Uhr – Erneuerung der Infusionen (NaCL) und Glucose. Ich muss an dieser Stelle aber sagen, dass diese Spülungen nicht immer den ganzen Tag laufen. Ab und an kommen die auch mal für 2-3 Stunden weg. An Chemo Tagen laufen sie allerdings durch.
22 Uhr – Rundgang ob alles in Ordnung ist und die Frage ob noch etwas für die Nacht gebraucht wird.

Tja und so geht das Tag ein Tag aus… Also das war so das Grundgerüst. An Tagen mit Anwendungen wie Bestrahlung (welche ja jetzt zum Glück passé sind) oder Chemos kommt da natürlich noch eine ganze Menge on Top.

Ich sollte natürlich nicht vergessen zu erwähnen, dass meine Frau heute zu Besuch war um einerseits mich mit Ihrer Anwesenheit zu erfreuen und mir Ihr Lächeln zu schenken (sei es auch nur durch eine Schutzmaske) und mir etwas von der Außenwelt zu erzählen hatte.
Des weiteren hat Sie mir die Freude gemacht, einen Bluetooth Radio mitzubringen um meinen Ohren etwas mehr zu bieten, als dass es mein Telefon bis Dato imstande gewesen ist.
Es geht doch nichts über eine ordentliche Brise Musik.
Ein Phänomen hier ist auch, dass man sämtliche Kleidung selber mitbringen muss. Gut, könnte man denken, wieso auch nicht. Nun hier sollte die Wäsche täglich gewechselt werden, was einen nicht gerade kleinen Berg an gebrauchter Wäsche bedeutet, die das Krankenhaus nicht für einen reinigt. (Wäre wohl auch Irrsinn). Also muss das ganze nach Hause gebracht werden, gewaschen und natürlich auch wieder zurück gebracht werden. Es mag selbstverständlich klingen, so etwas zu tun. Dennoch bin ich unendlich dankbar darüber!

Ich kürze dies nun hier ab, da der morgige Tag mit Sicherheit etwas hantiger wird und ich jeden Tropfen Energie gebrauchen kann. Mich erwartet etwas, dass ich in der Konstellation noch nicht erfahren habe. Ich bin extrem gespannt auf das was passieren wird. Sicher ist aber, ich bin in sehr guten Händen und deshalb habe ich auch keine Angst… Lediglich Respekt und der hat noch niemandem geschadet.

So long… Patrick